Ursachen der Kontroverse

Bild: Besuch am Friedensmal

Kapitel: Entstehung / Gegenwind / Ursachen



Im Spannungsfeld von Anerkennung und Kritik


Gespaltene Rezeption in Deutschland

Im Frühjahr 2013 erlebte mein Verein einen bemerkenswerten Erfolg: Eine Anzeige für unser Friedensmal-Projekt erschien auf den Titelseiten der Jerusalem Post und HaAretz. Doch die Anerkennung aus Israel stand in starkem Kontrast zur Reaktion in Deutschland. Hier kursierten Gerüchte, ich hätte "den Juden" so viel Geld gegeben, dass die Anzeige auf die Titelseite musste. In der Folge nahmen negative Aktionen gegen das Friedensmal zu und unser Verein fühlte sich isoliert, wobei das Projekt nur knapp einer Aufgabe entging.


Die Realität vor Ort

Trotz der damals kontroversen Darstellung in der veröffentlichten Meinung und den oft negativen Leserbriefen entsprach die Realität vor Ort einer anderen Erfahrung: Die Menschen, die das Friedensmal besuchten, reagierten überwiegend positiv. Die Bänke um das Friedensmal wurden so gut genutzt, dass sie bereits renoviert werden mussten. Immer wieder liegen Kieselsteine (eine jüdische Sitte) auf den Erinnerungssteinen. Der Ort wird als besonders licht- und friedvoll empfunden. Man sieht auch manchmal Menschen barfuß durch das Friedensmal laufen oder um es herum. Das soll bedeuten, mit den Schuhen zusammen seine Vorurteile abzulegen. Häufig kommen auch Schulklassen auf Wanderungen vorbei, wobei auffällt, dass sich die Kinder wirklich dafür interessieren die Gestaltung und ihren Sinn mit den eigenen Sinnen zu erfahren; es ist greifbare Form auf 3200 qm, die anspricht.


Kritische Stimmen und ihre Argumente

Ein Artikel bei „SciLogs” kritisierte das Projekt als privat und gesellschaftlich nicht verankert. Es fehle an einer kollektiv geführten Gestaltung, die für ein Denkmal im engeren Sinn typisch sei. Dieser Artikel erweckt den Anschein wissenschaftlicher Seriosität, doch die schlechten und unvorteilhaften Fotos vom Denkmal im Artikel legen nahe, dass es um etwas anderes ging.


Eine Analyse der Kritik

Diese Kritik sollte im Kontext der deutschen Geschichte und Kultur betrachtet werden. Der Hang zum Kollektivismus hat in der Vergangenheit problematische Entwicklungen begünstigt, insbesondere im Kontext des Nationalsozialismus und des Antisemitismus. War der Hang zum Kollektivismus nicht einer der wesentlichen Faktoren, die in der Zeit des Nationalsozialismus in Deutschland den Nährboden für den Antisemitismus bereiteten? Lesen Sie hierzu diesen kurzen Einwurf: „Warum die Deutschen, warum die Juden?” Unter diesem Link finden Sie zwei Rezensionen zu einem Buch von Götz Aly.


Das Dilemma der öffentlichen Unterstützung

Trotz der offiziellen Genehmigungen und anfänglich positiven Berichterstattung in der Presse entstand eine Kontroverse in den Medien und in der Politik. Der Vorwurf der „gesellschaftlich nicht verankerten Entscheidungsfindung” ist nicht richtig. Das Projekt wurde im Ortsbeirat Hochstädten befürwortet und von der Stadt Bensheim und dem Kreis Bergstraße genehmigt. Es wurde in allen Gremien diskutiert. Die Stadträte und die Parteien hatten entschieden. Es stellt sich die Frage, warum Politiker, die eine Schlüsselrolle hätten spielen können, dem Projekt keine öffentliche Unterstützung gaben.


Die Unterstützer in der Krise: Ein breites Spektrum

Das Projekt wurde von einer Einzelperson initiiert, fand aber in der Krise eine breite Unterstützung von verschiedenen Menschen und Gruppen, sowohl national als auch international. Dazu gehörten die Ortsgruppe des DGB; die Ortsgruppe der SPD; die Bürger für Bensheim; ein Mitarbeiter vom HR; ein jüdischer Sänger; der Sohn eines ehemaligen Insassen von Auschwitz; ein Rabbiner; ein jüdischer Verein gegen Antisemitismus; Karl Netzer, ein Freund von Frau Buber-Agassi; das Martin Buber Haus in Heppenheim und Freunde in Israel.


Schlussfolgerung: Die Rolle des Individuums und der Gemeinschaft

In einer Zeit, in der kollektive Entscheidungen oft als das Ideal angesehen werden, stellt dieses Projekt die Frage, ob es nicht auch Raum für den individuellen Ausdruck geben sollte. Es zeigt, dass Einzelne oder kleine Gruppen durchaus einen großen Unterschied machen können und viele Menschen erreichen.





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